Tréguier – Einst Bischofssitz und Heimat des Schriftstellers Ernest Renan

Ein Spaziergang durch Tréguier, die Hauptstadt des Trégor. Komm und begleite mich auf einem Rundgang durch die historische Altstadt!

Für unseren Ausflug nach Tréguier nutzen wir einen unbeständigen, dunkleren Tag. Die Erfahrung hat gezeigt, dass gerade mittelalterliche Städte, an dunklen Tagen, einen ganz besonderen Charme versprühen. So machen wir uns mittags, von Trélévern aus, auf den Weg. Tréguier liegt nur etwa 17 Kilometer entfernt, etwa in der Mitte zwischen Lannion und Paimpol. Nach knapp 20 Minuten Fahrt sind wir am Ziel. Das Auto parken wir auf dem großen, kostenlosen Parkplatz in der Rue de la Chantrerie, direkt beim Conservatoire Lannion Trégor. Hier gibt es einen anschaulichen Plan der Stadt mit allen sehenswerten Punkten und den benötigten Gehzeiten. Wir spazieren ein Stück die Rue de la Chantrerie zurück und biegen nach wenigen Metern nach rechts in die Rue Saint-Yves ein.

Tréguier
Tréguier – Rue Saint-Yves

Mittelalter Flair in Tréguier

Die Rue Saint-Yves, viel mehr eine Gasse, als eine Straße, versetzt uns unmittelbar zurück ins Mittelalter. Die Häuserfassaden aus grobem Stein, die alten Blendläden aus Holz, teilweise leuchtend blau gestrichen, dazu der üppige Blumenschmuck in Kästen und Kübeln, wirken fast mediterran. Charmant, urig, sind die Prädikate, die mir als erstes in den Sinn kommen. Die kleine Gasse führt uns vorbei an der Auberge du Trégor mit ihrem schönen Ausleger und mündet schließlich auf den Place du Martray vor der imposanten Kathedrale Saint-Tugdual.

Gleich neben dem beeindruckenden Gotteshaus, einem der bedeutendsten Sakralbauten der Bretagne, begegnen wir dem Sohn der Stadt, Ernest Renan, in Form eines Denkmals. Was es damit auf sich hat, und weitere Details aus dem Leben des Religionshistorikers und Schriftstellers, erzähle ich dir an späterer Stelle. Jetzt erst einmal spazieren wir hinter der Kathedrale vorbei und erreichen den ehemaligen Bischofspalast, der heute das Rathaus beherbergt.

Erbaut wurde er 1608. Bis zum Jahre 1790 residierten hier die Bischöfe von Tréguier. Der Kapitelsaal mit wunderschönen Holzarbeiten kann besichtigt werden. Vor dem Eingang fällt uns ein überdimensionaler Schmuckring ins Auge. Es handelt sich um die Skulptur aus Metall und Glas des Künstlers Jean Divry mit dem Titel „Magno Anulo“. Ihr gegenüber befindet sich das Mahnmal in Gedenken an die Gefallenen des 1. Weltkrieg.

Tréguier

„Magno Anulo“ Skulptur des Künstlers Jean Divry

Tréguier
„La Douleur“ Mahnmal zur Erinnerung an die im 1. Weltkrieg Gefallenen

Kathedrale Saint-Tugdual

Um das Jahr 535 errichtete der Mönch Tugdual, einer der sieben bretonischen Gründungsheiligen, oberhalb des Zusammenflusses von Jaudy und Guindy, ein Kloster, fünf Jahre später eine einfache Klosterkirche. Tréguier entwickelte sich schnell zu einem spirituellen Zentrum. Im 11. Jahrhundert beginnt der Ausbau der kleinen Klosterkirche zu einer der schönsten Kathedralen der Bretagne. Sie ist heute das Wahrzeichen der Stadt. Verehrt wird hier der Heilige St. Yves, der Anwalt der Armen. Sein monumentales Grabmal aus weißem Stein, verziert mit unzähligen Votivtafeln, ist beeindruckend. Es wurde in den Jahren 1885 bis 1890 geschaffen und ist eine Replik, des währen der Revolution zerstörten Grabmals.

Kathedrale Saint-Tugdual

Weiter geht es auf unserem Rundgang durch die historische Altstadt. Wir spazieren durch den Torbogen beim ehemaligen Bischofssitz und wenden uns nach rechts. Durch einen kleinen Park geht es am Friedhof entlang, bis wir auf die Rue Ernest Renan gelangen.

Tréguier

Die kleine Straße führt bergab, hinunter zum Ufer des Jaudy. Schon nach wenigen Metern stehen wir vor dem Geburtshaus des berühmten Sohns der Stadt, Ernest Renan.

Tréguier
Rue Ernest Renan

Ernest Renan – berühmter Sohn der Stadt Tréguier

Ernest Renan, geboren am 27.02.1823 wird als 15 Jähriger nach Paris geschickt, um sein Studium der Theologie fortzusetzen. Weit entfernt von seiner katholisch geprägten Heimatstadt, entzieht er sich der Priesterweihe. Semitische Sprachen und Orientalistik sind nun die Fächer, die ihn in den Bann ziehen. Er nimmt an Ausgrabungen in Palästina teil und verfasst sein Werk „La vie de Jesus“, welches das Leben Jesu einer wissenschaftlichen Deutung unterzieht. Der französiche Klerus ist empört, der Vatikan setzt das Buch auf die Liste verbotener Bücher. Renan verliert seine Professur. Die Bürger seiner katholisch geprägten Heimatstadt Tréguier, distanzieren sich mehrheitlich von ihm. Weltweit genießt Ernest Renan jedoch große wissenschaftliche Anerkennung und wird später, schließlich auch in Frankreich, rehabilitiert. Ein Teil der Bürgerschaft von Tréguier verzeiht ihm jedoch auch dann noch nicht! Am 2. Oktober 1892 verstirbt Ernest Renan. So, und nun kommt das Denkmal neben der Kathedrale noch einmal ins Spiel. Im Jahre 1903 wird es zu Ehren des großen Sohnes der Stadt enthüllt. Der korpulente Gelehrte blickt sitzend, ketzerisch zur Kathedrale, beschützt von Pallas Athen, der Göttin der Weisheit. Das ist zu viel für die frommen Katholiken. Es kommt zu Tumulten und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Diese Szenen erscheinen am 27. September sogar auf dem Titelblatt der Sonntagsausgabe des „Petit Journal“, einer Pariser Tageszeitung. Die Katholiken gingen sogar so weit, ein Gegendenkmal im Park am Ufer des Jaudy aufzustellen. Es trägt den Namen „Calvaire de la Protestation“.

Fachwerkidyll aus dem 16./17. Jahrhundert

Wir lassen das Maison de Renan hinter uns und spazieren die kleine Straße hinunter bis zum Fluss Jaudy. Wunderschönes Fachwerk säumt unseren Weg. Schließlich gelangen wir zu zwei mächtigen Türmen am Ende der Rue Ernest Renan. Sie bildeten einst das Hafentor und dienten als Getreidespeicher.

Tréguier

Tréguier
„Portes de la Ville“- ehemalige Getreidespeicher

Am Ufer des Jaudy, mit Blick auf den Yachthafen, legen wir auf einer Bank, eine kurze Rast ein. Dann wandern wir gemächlich die kleine Straße wieder hinauf, bis zum Place du Martray.

Auch rund um den Place de Martray findet sich schönes, altes Fachwerk. Dazu Cafés und Crêperien. Herz, was willst du mehr? Durch die Rue Saint-Yves kehren wir schließlich zum Parkplatz zurück.

Am Place du Martray

Selbstverständlich hat Tréguier noch viel mehr Sehenswertes zu bieten. Unser kleiner Rundgang stellt nur eine kleine, persönliche Auswahl dar. Allein in der wunderschönen Kathedrale kannst du viel Zeit verbringen. Vielleicht magst du ja auch noch den Bois de Poète, das Dichterwäldchen am Ufer des Jaudy besuchen. Dort findest du das Grabmal des berühmten bretonischen Literaten Anatol le Braz.

Zur Info:

Maison Ernest Renan

Basilika St.-Tugdual

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