Die Skjern Enge in Westjütland gilt als das größte Renaturierungsprojekt Dänemarks. Seit der Rückverlegung des Skjern-Flusses hat sich hier eine vielfältige Auenlandschaft entwickelt, die heute Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bietet. Auch die frühere Pumpstation Nord erinnert an die Zeit vor der Renaturierung – und macht den Wandel der Landschaft eindrucksvoll sichtbar.
Vom Fjord in die Auen: Mit dem Rad zur Pumpstation Nord
Wir starten unsere Tour am kleinen Hafen von Stauning, am südlichen Ufer des Ringkøbing Fjords. Von hier aus führt ein gut ausgebauter Radweg Richtung Süden – durch offene Wiesen, entlang kleiner Kanäle, vorbei an grasenden Schafen und vereinzelten Höfen.
Bereits nach wenigen Kilometern spüren wir, wie weitläufig und ruhig die Skjern Enge ist. Das Gelände ist flach, der Horizont weit, die Wege führen über ehemalige Felder, die heute wieder unter Wasser stehen – oder zumindest saisonal überschwemmt werden. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis eines der größten Naturschutzprojekte in der Geschichte Dänemarks.
Die Renaturierung der Skjern Enge
In den 1960er Jahren wurde der Skjern Å, der größte Fluss Jütlands, begradigt, eingedeicht und kanalisiert. Ziel war es, die feuchten Niederungen urbar zu machen und landwirtschaftlich zu nutzen. Doch das Vorhaben hatte Nebenwirkungen: Die Artenvielfalt ging drastisch zurück, das Wasser wurde schlechter, und die Region verlor ihren natürlichen Charakter.
Ab den 1980er Jahren begannen Diskussionen über eine Rückführung des Flusses in sein ursprüngliches Bett. Zwischen 1999 und 2003 wurde schließlich ein umfassendes Renaturierungsprojekt umgesetzt: Der Skjern Å erhielt wieder seinen natürlichen Verlauf, Auen wurden überflutet, Altarme reaktiviert und Lebensräume für Tiere und Pflanzen geschaffen. Heute ist das Gebiet ein EU-Vogelschutzgebiet, Rückzugsort für viele seltene Arten – und ein spannendes Ziel für Naturfreunde.
Besuch der Pumpstation Nord


Nach gut 8 Kilometern erreichen wir die Pumpstation Nord – ein stillgelegtes, aber gut erhaltenes technisches Bauwerk aus der Zeit der Flussbegradigung. Heute dient es als kleines Informationszentrum, das Besucher kostenlos betreten können. Eine Ausstellung im Inneren erklärt die Geschichte der Entwässerung, die technische Funktion der Station und die Gründe für den späteren Rückbau.




Ein Höhepunkt ist der Aufstieg auf die Aussichtsplattform der Pumpstation. Von oben eröffnet sich ein weiter Blick über die Auenlandschaft. Man erkennt den mäandrierenden Verlauf des Skjern Å, die Feuchtgebiete mit ihren flachen Seen und Schilfflächen – und oft kreisen Greifvögel oder Schwärme von Gänsen über dem Gebiet, was natürlich Saison abhängig ist!



Die Fahrradfähre
Etwas versteckt, aber gut ausgeschildert, liegt wenige hundert Meter von der Pumpstation entfernt eine kleine Besonderheit: eine selbstbedienbare Fahrradfähre über den Fluss. Die Fähre funktioniert wie eine Seilfähre – man zieht sich mithilfe eines Stahlseils ans andere Ufer. Ein schöner, spielerischer Moment auf der Tour – und ein praktisches Verbindungselement auf den vielen Radwegen, die das Gebiet durchziehen. Für Kinder ein aufregendes Erlebnis!





Naturcenter Skjern Enge – leider nur ein Ziel fürs nächste Mal
Eigentlich hatten wir vor, auch noch das Naturcenter Skjern Enge zu besuchen, das rund 5 km südlich der Pumpstation liegt. Doch unser ausgedehnter Aufenthalt im idyllischen Hafen von Stauning – mit Blick aufs Wasser und einer wohlverdienten Kaffeepause – hat unseren Zeitplan durcheinandergebracht.
Das Naturcenter hätte sich trotzdem gelohnt: Dort gibt es eine interaktive Ausstellung zur Renaturierung, Beobachtungstürme mit weitem Blick über die Auenlandschaft, Picknickplätze und zahlreiche Infos zu Flora, Fauna und Vogelzug. Für Familien mit Kindern gibt es zudem Erlebnisstationen im Freien und Möglichkeiten zur Tierbeobachtung – besonders spannend in den Zugzeiten im Frühjahr und Herbst. Auch geführte Touren werden saisonal angeboten.
Rückfahrt nach Stauning
So machen wir uns von der Pumpstation Nord wieder auf den Rückweg Richtung Stauning, nicht ohne unterwegs noch einmal die Ruhe und Weite der Landschaft auf uns wirken zu lassen. Die Skjern Enge ist nicht spektakulär im klassischen Sinn – aber sie erzählt eine Geschichte, die heute aktueller denn je ist: Wie aus Technokratie wieder Lebensraum wurde. Und wie Natur, wenn man ihr Raum gibt, zurückkehren kann.
